Seit langem erwartet, viel diskutiert – nun ist es soweit: „Diskrete“ Vermögen, d. h. in Deutschland nicht versteuerte Vermögen und Kapitalerträge aus schweizerischen Konten und Depots, sollen ab 2013 besteuert werden. Diese Vereinbarung enthält ein Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz. Das Abkommen, seit langem erwartet, wurde kürzlich von den Regierungen beider Staaten paraphiert. In den nächsten Wochen soll es von Seiten beider Regierungen unterzeichnet werden. Anschließend müssen die deutschen und schweizerischen Gesetzesorgane, d. h. die Parlamente, bzw. in der Schweiz evtl. die Bevölkerung per Referendum, dem Abkommen zustimmen. Wird es allerdings durchgewunken, wie es von Seiten der Regierungen paraphiert wurde, soll es Anfang 2013 in Kraft treten.
Welches ist aber nun die Bedeutung dieses Abkommens für Anleger mit schweizerischen Konten und Depots?
Zuerst die positive Nachricht: Wenn diese Vermögen und Erträge ab 2013 besteuert werden, muss sich keiner mehr Sorgen darüber machen, ob seine Kontodaten evtl. in einer gekauften Steuer-CD auftauchen und ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung droht. Die Gelder können dann offiziell über die Bank auf deutsche Konten transferiert werden und müssen nicht mehr insgeheim in Koffern, Kleidung oder Autoverkleidung nach Deutschland transportiert werden.
Die weniger erfreuliche Nachricht: Fachleute rechnen derzeit damit, dass bis zu 25 – 34 % der derzeitigen Vermögen von Seiten der schweizerischen Banken an den deutschen Fiskus abgeführt werden müssen. Und zwar unabhängig davon, ob vielleicht verrechenbare Werbungskosten, Verluste oder – in früheren Jahren – steuerfreie Spekulationsgewinne angefallen sind, sodass möglicherweise die Steuerlast bei Erstattung einer Selbstanzeige niedriger wäre.
In Zukunft sollen dann in der Schweiz gezahlte Zinsen und Dividenden mit einem einheitlichen Steuersatz von 26,375 % besteuert werden – der deutschen Abgeltungssteuer von 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag. Diese Handhabung ist nur dann ungünstig, wenn der persönliche Steuersatz in Deutschland unter 26,375 % liegt. In Einzelfällen kann bei Rentenbeziehern der individuelle Steuersatz aber durchaus niedriger sein. In diesen Fällen wäre es dann günstiger, in Deutschland die Kapitaleinkünfte im Rahmen der Einkommensteuererklärung zu versteuern und damit vom niedrigeren Steuersatz zu profitieren. Allerdings wird bei dem Großteil der Anleger, die über Vermögen auf schweizerischen Konten verfügen, der Steuersatz auch im Alter über ca. 27 % liegen, sodass die Anwendung der Abgeltungssteuer Ihrer steuerlichen Situation in Deutschland entspricht.
Viele Detailfragen sind noch ungeklärt. Da der genaue Wortlaut des Abkommens noch nicht bekannt ist, kann derzeit auch noch nicht entschieden werden, ob es für den Einzelnen unter Umständen günstiger ist, die Selbstanzeige zu wählen. Dies ist dann der Fall, wenn bei Selbstanzeige – ebenfalls strafbefreiend und unter Wahrung des Steuergeheimnisses – geringere Zahlungen an den Fiskus zu leisten sind. Denn im Falle der Selbstanzeige ist nicht etwa ein pauschaler Steuersatz abzuführen. Es werden im Rahmen der Selbstanzeige für alle betroffenen Jahre, die dem damaligen Recht entsprechenden Steuererklärungen erstellt, in denen dann auch Werbungskosten und Verluste verrechnet werden können, bzw. Spekulationsgewinne steuerfrei bleiben.
Ungeklärt ist beispielsweise auch die Frage, ob mit dieser Pauschalsteuer auch die Steuer auf unversteuerte Erbschaften und Schenkungen abgegolten ist – unwahrscheinlich! Dazu gehört des Weiteren die Frage, wie das der Besteuerung zugrunde zu legende Anfangs– und Endvermögen zu berechnen ist. Und schließlich – ganz besonders wichtig: Die Frage, wie Menschen, die ihr Konto in der Schweiz ordnungsgemäß und regulär in Deutschland versteuert haben, dies ihrer Bank nachweisen können, um zu verhindern, dass die Bank dennoch die Pauschalsteuer abführt.
Und wie ist es mit der Besteuerung von Vermögen, die in Deutschland bereits der Einkommensteuer unterworfen waren, aber dann zu Anlagezwecken im Koffer in die Schweiz transferiert wurden und lediglich die Kapitalerträge nicht versteuert wurden? – Fragen über Fragen, die derzeit nicht zu beantworten sind.
Und schließlich: Sollten Sie von dieser Problematik betroffen sein und sich gegen die Selbstanzeige entscheiden, setzen Sie sich bis 2013 dem Risiko aus, dass Ihr Name und Ihre Kontodaten doch noch auf einer Steuer-CD auftauchen und somit gegen Sie ein Steuerstrafverfahren in Gang gesetzt wird – mit allen damit verbundenen psychologischen und finanziellen sowie strafrechtlichen Belastungen.
Was ist zu tun?
Sollten Sie sich nicht aus grundsätzlichen Erwägungen für eine Selbstanzeige entscheiden, können Sie derzeit nur abwarten – abwarten, bis in beiden Ländern das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen und der endgültige Wortlaut veröffentlich ist; abwarten unter Umständen auch bis weitere Detailfragen, die häufig in Gesetzen nicht präzise geregelt sind, durch Erlass oder Schreiben der Finanzverwaltung oder Ähnliches abschließend und planbar geregelt sind – und sich dann von einem qualifizierten Steuerberater beraten.
Stand: 24.08.2011